Für jeden Monat wurde eine Pflanze ausgewählt, die bekannter gemacht werden soll. Zur Winterszeit, wenn Blütenpflanzen rar sind, gibt es auch mal eine Flechte, ein Moos oder einen Pilz. Es handelt sich meistens um Pflanzen, die keine Seltenheiten darstellen, aber dennoch wenig bekannt sind. Sie sollten aber im Bereich Winsen (Luhe) vorkommen.
Orangeseitling (Phyllotopsis nidulans)
Familie: Seitlinge (Phyllotopsidaceae)
Schon im Dezember 2024 habe ich einen Pilz als „Pflanze“ des Monats vorgestellt und angesichts der frostigen Wetterlage greife ich auch jetzt, im Januar, wieder zu einem Pilz. Und ich bleibe auch der Farbe treu. War es im Dezember der „Orangerote Becherling“ habe ich mich jetzt für den „Orangeseitling“ entschieden.
Auf den ersten Blick ähnelt der Orangeseitling dem bekannten Austernseitling. Beide Arten wachsen auf krankem oder totem Holz. Dabei findet man den Orangeseitling sowohl auf Laub- wie auf Nadelholz. Der Hut dieses Pilzes kann 10 bis 15 Zentimeter im Durchmesser groß werden. Der Stiel setzt seitlich (Seitling!) an, ist sehr kurz oder fehlt ganz. Der Pilz unterscheidet sich vom Austernseitling durch seine orangegelbliche Färbung und die samtig bis filzige Oberfläche. Im Gegensatz zum Austernseitling, der ein wertvoller Speisepilz ist, hat der Orangeseitling in dieser Hinsicht keinerlei Bedeutung. Sein Geruch und Geschmack werden u.a. als „muffig“ und „dumpf“ beschrieben. Buchen wir ihn als „ungenießbar“ ab.
Nach meiner Einschätzung ist der Orangeseitling nicht eben selten, zählt aber bei uns auch nicht zu den Arten, die massenhaft auftreten. Vielleicht
wird er auch deshalb weniger häufig gesehen, weil er als ausgesprochener Winter-Pilz erst im Spätherbst erscheint und im zeitigen Frühjahr meist schon wieder verschwunden ist. Ich fand die
Exemplare auf den Fotos im Januar 2023 auf einem am Boden liegenden und schon ziemlich verrotteten Stamm einer Birke.
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Januar 2025)
Caperatflechte (Flavoparmelia caperata)
Familie: Parmeliaceae
Es ist immer wieder auffallend, wie viele Flechten an Stämmen und Zweigen unter anderem der Bäume wachsen, die wir zurzeit zu Feuerholz verarbeiten. Eigentlich ja nicht schlecht, sind doch manche Flechten Anzeiger für eine annehmbare Qualität der Luft.
Flechten werden in Strauch-, Blatt- und Krustenflechten unterteilt. Die Caperatflechte ist eine recht große Blattflechte, die nicht vollständig mit dem Untergrund verwachsen ist. Sie besteht, wie alle Flechten, aus einem Pilz-Lager (meist ein Schlauchpilz) und darin eingebetteten Algen. Der Wuchs dieser Flechte ist rundlich und kann bis 20 Zentimeter Durchmesser erreichen. Das Exemplar auf dem Foto ist ca.10 Zentimeter groß. Die Randlappen des Lagers werden bis 1 Zentimeter breit und sind oben gelblichgrün oder -wie in unserem Fall- graugrün. Von unten sind die Lappen bis auf den glänzend braunen Rand schwarz. Auf der Oberseite sieht man (mit der Lupe) viele graugrüne Flecken (Sorale), in denen Soredien gebildet werden, die aus einem Pilzgeflecht mit einigen Algen bestehen. Die sind so winzig, dass sie vom Wind fortgetragen werden können und so der Verbreitung der Flechte dienen.
Die Caperatflechte ist in Europa mäßig häufig. Sie bevorzugt milde Lagen. Man findet sie auf der Rinde freistehender Laubbäume. Sie kommt aber auch auf Felsen und Mauern vor. Sie ist empfindlich gegen Luftschadstoffe und war zwischenzeitlich selten geworden. Im Zuge der Bemühungen zur Reinhaltung der Luft nehmen ihre Vorkommen in den letzten Jahren aber wieder zu.
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Februar 2025)
Moschuskraut (Adoxa moschatellina)
Familie: Moschuskrautgewächse (Adoxaceae)
Das trockene Wetter, verbreitet mit Nachtfrost, lässt die Pflanzenwelt nur im Zeitlupentempo wachsen. Da ist es gut, dass sich bei mir im Lauf der Jahre ein umfangreicher Fundus an Fotos der heimischen Flora angesammelt hat. Dabei sind auch Aufnahmen des Moschuskrautes, das ich in Bachniederungen und in Feuchtgehölzen gefunden habe.
Das Moschuskraut ist eine gesellig wachsende Staude mit einem unterirdischem Stängel (Rhizom), der im Frühling um die 10 Zentimeter hohe oberirdische Stängel mit Blättern und Blüten hervorbringt. Oft sind nur Grundblätter vorhanden, die lang gestielt sein können und mehrfach geteilt sind. Man findet aber auch Pflanzen mit zwei gegenständigen Blättern etwa in der Mitte des Stängels. Der in den Monaten März bis Mai erscheinende Blütenstand besteht aus fünf Einzelblüten, die in einem Köpfchen am Ende des Stängels fast würfelförmig angeordnet sind. Vier der Blüten „schauen“ nach links und rechts sowie vorn und hinten. Die fünfte Blüte ist nach oben gerichtet. Die Blütenblätter sind hellgrün bis gelblich grün. Diese Färbung und die Größe von nur ca. 5 Millimeter pro Einzelblüte machen das Moschuskraut eher unscheinbar und unauffällig. Es lohnt sich aber, genau hinzuschauen und zu zählen: die seitenständigen Blüten haben nämlich fünf Blütenblätter, die mittlere, nach oben schauende, nur vier.
Das Moschuskraut braucht mulligen Lehmboden, gern kalkhaltig, der nie zu trocken werden darf. Da bei uns Sandböden dominieren, kommt die Pflanze hier nur zerstreut vor, meist in bodenfeuchten Wäldern und Talbereichen der Bäche.
(Text und Bilder: Dietrich Westphal, März 2025)