Pflanze des Monats

Für jeden Monat hat unsere NABU-Gruppe eine Pflanze ausgewählt, die bekannter gemacht werden soll. Vor allem zur Winterszeit, wenn wachsende oder gar blühende Pflanzen eher selten sind, stellen wir aber auch mal einen Pilz vor.

 

Es handelt sich meist um Pflanzen (oder Pilze), die überall zu finden sind und oft auch im Garten der Natur wachsen. Der "Garten der Natur" befindet sich in Winsen auf dem ehemaligen Gartenschau-Gelände und wird von uns angelegt und weiterentwickelt als gärtnerische Anlage mit natürlichen und naturnahen Elementen. 


Dezember 2020

 

Sumpf-Torfmoos (Sphagnum palustre)

Familie: Torfmoose (Sphagnaceae)

 

Sumpf-Torfmoos, kleines Polster am Rand einer moorigen Senke. 2. Dezember 2020, Stelle
Sumpf-Torfmoos, kleines Polster am Rand einer moorigen Senke. 2. Dezember 2020, Stelle

 

Torfmoose sind die wichtigsten Torfbildner in den heimischen Mooren. Da Moore insbesondere in Niedersachsen weit verbreitet waren, wusste man auch, was Torfmoose sind und wie sie aussehen. Heute sind die Moore bis auf kleine Reste „abgetorft“ und häufig in landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt worden. Mit ihnen sind auch die typischen Tier- und Pflanzenarten der Moore, wie das Torfmoos, selten geworden.

 

Torfmoos, lange Stängel aus einem Moospolster. 2. Dezember 2020, Stelle
Torfmoos, lange Stängel aus einem Moospolster. 2. Dezember 2020, Stelle

 

Torfmoose bestehen aus Stängeln, die mit kurzen Zweigen besetzt sind. Beim Sumpf-Torfmoos findet man bis zu vier dieser Zweiglein, die jeweils aus einem Punkt am Stängel wachsen. An der Spitze des Stängels stehen diese Zweige verdichtet und bilden eine sogenannte Krone. Die einzelnen Stängel bilden ein Moospolster, das unten abstirbt und oben weiter wächst.

 

Die zu beobachtende blasse Färbung von Torfmoosen hat ihre Ursache darin, dass nur ein geringer Teil ihrer Zellen Blattgrün enthält. Bei dem großen Rest handelt es sich um tote Zellen, die jedoch in der Lage sind, viel Wasser zu speichern. 

 

Sumpf-Torfmoos, einzelne "Krone" mit dicht stehenden Ästen. 2. Dezember 2020, Stelle
Sumpf-Torfmoos, einzelne "Krone" mit dicht stehenden Ästen. 2. Dezember 2020, Stelle

 

Durch Torfmoose kommt es zu einer „Versauerung“ ihrer Umgebung. Zusammen mit der Fähigkeit, enorme Mengen an Wasser zu speichern bewirken sie maßgeblich die Entstehung von Mooren. Die absterbenden Teile der Torfmoose verdichten im Lauf langer Zeiträume und bilden unter Luftabschluss große Lager von Torf.

Aus den Mooren wird seit Jahrhunderten Torf gewonnen, der getrocknet als Brennstoff verwendet wurde. Aber erst der industrielle Abbau, jetzt überwiegend zur Gewinnung von Pflanzsubstraten, hat die Moorflächen in Niedersachsen innerhalb weniger Jahrzehnte auf weniger als 10 % des ursprünglichen Vorkommens schrumpfen lassen. Die Auswirkungen auf die Umwelt sind gravierend. Nicht nur, dass die Tiere und Pflanzen der Moore heute im Wesentlichen die Roten Listen bevölkern. Durch Entwässerung und Torfabbau wird das Moor „belüftet“, der teilweise seit Jahrtausenden im Moor gebundene Kohlenstoff wird zu Kohlendioxid und entweicht in die Atmosphäre. Nach den Emissionen aus der Industrie ist dies hierzulande die größte Quelle dieses Treibhausgases.

(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Dezember 2020)

 

November 2020

Geweihförmige Holzkeule (Xylaria hypoxylon)

 Familie: Holzkeulenverwandte (Xylariaceae)

Geweihförmige Holzkeule, Thieshope, 1. Oktober 2007
Geweihförmige Holzkeule, Thieshope, 1. Oktober 2007

Die zu den Schlauchpilzen zählende Geweihförmige Holzkeule entspricht überhaupt nicht der Vorstellung, die man landläufig von einem Pilz hat. Ein Hut ist gar nicht vorhanden und der schwarze Stiel ist teils mehrfach geweihförmig gegabelt und im oberen Teil von anhaftendem Sporenstaub weißlich gefärbt. Dieser „Sammelfruchtkörper“ ist kaum einmal mehr als 5 Zentimeter groß.

 

Die Geweihförmige Holzkeule ist in den Wäldern bei uns sehr häufig und kann fast das ganze Jahr über gefunden werden. Auf vegetative Weise entstehende Konidiosporen werden über einen langen Zeitraum produziert, die auf geschlechtlichem Wege entstehenden Ascosporen werden etwa im Zeitraum März bis Mai gebildet. Sie wächst auf Stümpfen und abgefallenen vermodernden Ästen, zumeist von Laubbäumen.

 

Geweihförmige Holzkeule, Thieshope, 3. November 2019
Geweihförmige Holzkeule, Thieshope, 3. November 2019

Aufgrund der geringen Größe und allein schon wegen ihrer zähen Konsistenz kommt die Geweihförmige Holzkeule als Speisepilz nicht in Betracht. Als Zersetzer sorgt dieser Pilz zusammen mit vielen anderen Organismen dafür, dass totes Holz aufbereitet und wieder in den Stoffkreislauf des Waldes zurückgeführt wird.

 

(Text und Bilder: Dietrich Westphal, November 2020)

 

 

 

Oktober 2020

Gewöhnliche Nachtkerze (Oenothera biennis)

 

Familie: Nachtkerzengewächse (Onagraceae)

 

Gewöhnliche Nachtkerze, Wetzen Landkreis Lüneburg, 17. Juli 2020
Gewöhnliche Nachtkerze, Wetzen Landkreis Lüneburg, 17. Juli 2020

Wer jetzt an geeigneter Stelle schaut, findet noch Nachtkerzen mit ihren leuchtend gelben Blüten. Die Blütezeit dieser Pflanze begann bereits im Juni und kommt Ende September/Anfang Oktober zu ihrem diesjährigen Ende.

 Die Gewöhnliche Nachtkerze ist ein zweijähriges Kraut. Im ersten Jahr bildet sich eine dem Boden anliegende Blattrosette und im zweiten Jahr ein nicht oder wenig verzweigter Stängel, der über einen Meter hoch aufwachsen kann, gelegentlich sogar bis zu zwei Meter. Der Stängel ist wechselständig mit zugespitzten, schmal-elliptischen Blättern besetzt, die bis zu 20 Zentimeter lang sind. Die zwittrigen Blüten stehen in einer dichten Ähre am Ende des Stängels, die von unten nach oben allmählich abblüht. Sie haben einen Durchmesser von bis zu 8 Zentimetern, öffnen sich erst bei Einbruch der Dunkelheit vollständig und verblühen bereits am darauf folgenden Tag.

Gewöhnliche Nachtkerze, Wetzen Landkreis Lüneburg, 17. Juli 2020
Gewöhnliche Nachtkerze, Wetzen Landkreis Lüneburg, 17. Juli 2020

Nachtkerzen sind sehr ausbreitungsstark. Jeder Haupt- oder Nebentrieb trägt bis zu 120 Blüten und in den daraus hervorgehenden Fruchtkapseln reifen ca. 200 Samen. Diese sind nur ein tausendstel Gramm schwer und werden vom Wind verbreitet.

 Nachtkerzen bevorzugen trockene und sandige, gern kalkhaltige aber nicht zu nährstoffreiche Standorte, an denen zeitweise hohe Temperaturen herrschen. Bei uns findet man sie oft an Bahndämmen, auf Seitenbereichen von Straßen, Kiesflächen und ähnlichen Standorten.

Manchmal findet man Nachtkerzen mit besonders großen Blüten ("grandiflora"). Tönnhausen, 12. Juli 2011
Manchmal findet man Nachtkerzen mit besonders großen Blüten ("grandiflora"). Tönnhausen, 12. Juli 2011

Die Bestäubung der Nachtkerzenblüten findet meist bereits ca. 30 Minuten nach dem abendlichen Aufblühen statt und zwar überwiegend durch Nachtfalter aus der Familie der Schwärmer, z.B. dem Mittleren Weinschwärmer. Die Nachtfalter werden durch den intensiven Duft der Blüten angelockt.

 Die Heimat der Nachtkerzen ist Nordamerika. Bereits im 17. Jahrhundert wurden mehrere Arten als Zierpflanzen nach Europa gebracht und verwilderten bald.

 

(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Oktober 2020)

 

September 2020

Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea)

 

Familie: Korbblütengewächse (Asteraceae)

 

 

 

Als Schüler habe ich mich gewundert, dass die ansonsten himmelblau blühenden Kornblumen im Sommer violett daherkamen. Später erfuhr ich dann, dass es sich bei den lila Vertretern um eine nahe mit der Kornblume verwandte Pflanzenart handelt, die Wiesen-Flockenblume.

 

Wiesen-Flockenblumen im NSG Ilmenau-Luhe-Niederung. 29. August 2020
Wiesen-Flockenblumen im NSG Ilmenau-Luhe-Niederung. 29. August 2020

Die Wiesen-Flockenblume ist eine Staude und kann mehr als einen halben Meter in die Höhe wachsen. Der Stängel ist meist verzweigt und trägt wechselständig schmale und spitz endende Blätter. Die violetten Blüten stehen an den Enden der Stängel und der Verzweigungen. Sie bestehen aus bis zu 100 Röhrenblüten, von denen die äußeren strahlig ausgebreitet und steril sind. Sie haben ausschließlich Schaufunktion zum Anlocken von Insekten. Die Blütezeit variiert je nach Standort und Unterart von Juni bis Oktober.

 

Wiesen-Flockenblume, Blütenkörbchen mit Hummel. NSG Ilmenau-Luhe-Niederung, 29. August 2020
Wiesen-Flockenblume, Blütenkörbchen mit Hummel. NSG Ilmenau-Luhe-Niederung, 29. August 2020

Die Wiesen-Flockenblume kommt im gemäßigten und südlichen Europa und Asien verbreitet vor. Man findet sie auf Magerrasen, Wiesen und Wegrändern, besonders auf Böden mit Lehmanteilen. Bei uns wächst sie unter anderem im Naturschutzgebiet Ilmenau-Luhe-Niederung, wo auch die Fotos entstanden sind.

 

Flockenblumen werden intensiv von Bienen, Hummeln, Schwebfliegen, Schmetterlingen und anderen Insekten beflogen, die hier Nektar und Pollen sammeln und nebenbei für die Befruchtung der Blume sorgen.

 

(Text und Bilder: Dietrich Westphal, September 2020)

 

August 2020

Sumpf-Ziest (Stachys palustris)

 

Familie: Lippenblütengewächse (Lamiaceae)

 

Mit seinen hübschen rosafarbenen Blüten erinnert der Sumpf-Ziest an ein Knabenkraut. Er ist aber ungleich häufiger als ein solches und auch heute noch fast an jedem Weiher und auch am Ufer vieler Flüsse und sogar Entwässerungsgräben zu finden.

 

Sumpf-Ziest am Grabenrand bei Tönnhausen. Deutlich erkennbar die kreuzgegenständigen Blätter. 27. Juli 2020
Sumpf-Ziest am Grabenrand bei Tönnhausen. Deutlich erkennbar die kreuzgegenständigen Blätter. 27. Juli 2020

Bis zu einem Meter wächst der vierkantige, kurz behaarte Stängel des Sumpf-Ziests empor. Er ist meist nicht verzweigt und mit kreuzgegenständigen Blättern besetzt. Dabei stehen sich zwei Blätter gegenüber am Stängel und das nächsthöhere Blattpaar steht zu dem ersten um 90 Grad gedreht. Wiederum das nächste Paar hat dann die gleiche Ausrichtung wie Paar Nummer eins. Die Blätter haben nur einen sehr kurzen Stiel, können aber bis 12 Zentimeter lang werden. Der Umriss der am Rand gekerbten Blätter ist lanzettlich. Am oberen Ende des Stängels befinden sich bis zu 15 Teilblütenstände quirlförmig mit jeweils bis zu sechs Einzelblüten. Die unteren Quirle stehen in den Achseln der oberen Blattpaare. Die Blütenkronen sind 1,5 bis 1,8 Zentimeter lang und rosa bis purpurviolett. Die Oberlippe ist flach helmförmig, die Unterlippe ist groß, dreiteilig und besonders farbig. Die Seitenlappen sind klein. Die Blütezeit des Sumpf-Ziests beginnt im Juni und währt bis in den September.

 

Sumpf-Ziest, Tönnhausen 27. Juli 2020. Besonders die große "Unterlippe" fällt auf.
Sumpf-Ziest, Tönnhausen 27. Juli 2020. Besonders die große "Unterlippe" fällt auf.

Als Pflanze feuchter Lebensräume hat der Sumpf-Ziest, wie viele andere Pflanzen in den letzten Jahrzehnten im Zuge von Melioration und Intensivierung der Landnutzung an Lebensraum eingebüßt. Er ist aber weniger anspruchsvoll wie viele andere Sumpfpflanzen und er wächst auch auf Flächen, die gelegentlich austrocknen. In unserer Gegend muss man nicht lange nach dieser Pflanze suchen – an irgendeinem Grabenufer, einer feuchten Senke, am Fischteich und an den Ufern unserer Flüsse findet man sie.

 

 (Text und Bilder: Dietrich Westphal, August 2020)

 

Juli 2020

Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris)

 

Familie: Rosengewächse (Rosaceae)

Die artenreiche Gattung der Fingerkräuter (Potentilla) zeichnet sich normalerweise durch freundliche Farben der Blüten in gelb, weiß und hellrot aus. Das Blutauge fällt da ziemlich aus dem Rahmen mit seinen immer etwas zerzaust wirkenden Blüten in düsterem Weinrot. Noch dazu wächst diese Pflanze an Orten, die kaum ohne Gummistiefel erreichbar sind. Etwas für Enthusiasten.

Sumpf-Blutauge, Blütenstand. 3. Juli 2020, Salzhausen
Sumpf-Blutauge, Blütenstand. 3. Juli 2020, Salzhausen

Das Sumpf-Blutauge bildet einen im Schlamm oder am Boden „kriechenden“ Spross (Rhizom), der über einen Meter lang wird, reich bewurzelt ist und von dem bogig aufsteigende, teils blühende, teils nicht blühende Stängel bis etwa 30 Zentimeter hoch wachsen. Die Blätter an den Stängeln sind in fünf bis sieben schmal-eiförmige Fiedern geteilt, deren Ränder spitz gezähnt sind. Die Blütenstände enthalten jeweils nur wenige Blüten von etwa 2 Zentimetern Durchmesser. Blüten- und Kelchblätter laufen spitz zu und sind düster dunkelrot bis schwarz-purpurn gefärbt. Die Blütezeit fällt in die Monate Mai bis Juli. Die Blüten bieten Nektar und werden gern von Schwebfliegen, Hummeln und verschiedenen Bienenarten aufgesucht.

 

Sumpf-Blutauge, Sprosse im Flachwasser mit gefiederten Blättern. 3. Juli 2020, Salzhausen
Sumpf-Blutauge, Sprosse im Flachwasser mit gefiederten Blättern. 3. Juli 2020, Salzhausen

Wie der Name nahelegt, wächst das Sumpf-Blutauge auf nassem Gelände, das auch flach von Wasser überstaut sein kann. Größere Bestände findet man in Flachmooren und in Sumpfwiesen. Kleinere Vorkommen gibt es an Gewässerufern und Röhricht. Viele solcher Standorte sind durch Intensivierung der Landnutzung verschwunden. Da das Blutauge zudem ungedüngte Flächen braucht, ist es erheblich zurückgegangen.

 

Das Sumpf-Blutauge kommt bei uns in nennenswerten Beständen nur noch in wenigen naturbelassenen Feuchtgebieten vor und befindet sich gemäß der Roten Liste für Niedersachsen auf der Vorwarnliste (Kategorie „V“).

 

(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Juli 2020)

 

Juni 2020

 

Turmkraut (Arabis glabra)

 

Familie: Kreuzblütengewächse (Brassicaceae)

 

Innerhalb weniger Wochen im Frühling bildet das Turmkraut einen Stängel, der seinem Namen gerecht wird. Ich fand diese unverwechselbare Pflanze im Bereich einer Sandgrube unweit von Winsen.

 

Turmkraut auf Brachfläche, 1. Juni 2020
Turmkraut auf Brachfläche, 1. Juni 2020

Der Stängel des Turmkrauts wächst starr aufwärts und ist unverzweigt. Die blaugrünen, länglich-pfeilförmigen Blätter umfassen den Stängel an ihrem Grund und liegen ihm fast an, was die überschlanke Erscheinung der Pflanze noch verstärkt. Die cremefarbenen Blüten haben einen Durchmesser von bis zu sieben Millimetern und stehen in einem endständigen Blütenstand, an dessen Basis Nebenblütenstände ausgebildet sein können. Es sind –familientypisch- vier Blütenblätter vorhanden. Die Früchte des Turmkrauts sind Schoten von um die fünf Zentimetern Länge, die bei älteren Exemplaren unterhalb der Blüten zu finden sind und parallel zum Stängel aufrecht stehen.

 

Blütenstand vom Turmkraut, 1. Juni 2020
Blütenstand vom Turmkraut, 1. Juni 2020

Das Turmkraut braucht nährstoffreichen Boden an warmen Standorten, der wenigstens Anteile an Lehm aufweist. Man findet es unter anderem auf Wegrainen und Böschungen, wenn die genannten Bedingungen erfüllt sind. Die Blütezeit erstreckt sich vom Mai bis in den Juli.

 

Das Turmkraut ist im Landkreis Harburg sehr selten und befindet sich gemäß der Roten Liste für Niedersachsen auf der Vorwarnliste (Kategorie „V“).

 

(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Juni 2020)

 

Mai 2020

Gefleckter Aronstab (Arum maculatum)

 

Familie: Aronstabgewächse (Araceae)

 

Vor vielen Jahren im Herbst bekam ich von einem Freund eine Handvoll Erde, in der sich etliche Knollen von wenigen Zentimetern Größe befanden. In den Garten an einen schattigen Ort unter Bäumen und Buschwerk gepflanzt, wächst dort Jahr für Jahr der Gefleckte Aronstab und bildet einen langsam wachsenden Bestand.

 

Gefleckter Aronstab, Blütenstand mit Hochblatt, Kessel und Kolben. Winsen, 1. Mai 2020
Gefleckter Aronstab, Blütenstand mit Hochblatt, Kessel und Kolben. Winsen, 1. Mai 2020

Die Blätter des Aronstabes sind 10 bis 20 Zentimeter lang und breit pfeilförmig. Sie sitzen auf langen Stielen und sind auf sattgrünem Grund schwarz gefleckt (Name!). Häufig sind aber auch Pflanzen, die keine Flecken besitzen. Die in den Monaten April und Mai erscheinende Blüte ist im Gegensatz zu den Blättern in keiner Weise gewöhnlich. Die gesamte Blüte ist von einem großen, tütenförmig aufgerollten und oben spitz zulaufenden Hochblatt umhüllt. Das Hochblatt bildet im unteren Teil einen nur oben offenen Kessel. In diesem Kessel befindet sich der eigentliche Blütenstand mit männlichen (Staubgefäße, oben) und weiblichen Teilen (unten). Die Verlängerung der Blütenachse ist steril und ragt als brauner Kolben oben aus dem Kessel heraus. Die Befruchtung der weiblichen Blütenteile besorgen kleine Insekten, insbesondere Schmetterlingsmücken. Diese rutschen an den glatten Wänden des Hochblattes in den Kessel und können diesen zunächst nicht verlassen, weil sie ein Kranz aus steifen Borsten wie in einer Reuse zurückhält. Waren die Insekten bereits in einem anderen Aronstab-Kessel, bringen sie Pollen mit, den sie auf den weiblichen Blüten ihrer neuen Wirtspflanze verteilen. Erst danach und nach kurzer Zeit reifen die männlichen Blütenteile und überschütten die Gast-Insekten mit neuem Pollen.

Hier ist der Borsten-Kranz zu erkennen, der die im Kessel gefangenen Insekten zurückhält. Winsen, 4. Mai 2008
Hier ist der Borsten-Kranz zu erkennen, der die im Kessel gefangenen Insekten zurückhält. Winsen, 4. Mai 2008

Inzwischen erschlaffen die Borsten und geben den Eingang des Kessels für die unfreiwilligen Gäste frei, von denen sich nicht wenige anschließend im nächsten Blütenkäfig wiederfinden, wo sich das Spiel wiederholt.

 

Nach der Befruchtung der Blüten erschlafft das Hochblatt und die weiblichen Blüten bilden einen Kolben dicht an dicht sitzender Beeren, die zunächst grün sind und sich bei ihrer Reife im Lauf des Sommers rot färben.

 

Fruchtstände des Gefleckten Aronstabes. Winsen, 27. August 2017
Fruchtstände des Gefleckten Aronstabes. Winsen, 27. August 2017

Der Gefleckte Aronstab ist als Wildpflanze bei uns selten, denn er bevorzugt nährstoffreichen und kalkhaltigen Boden, der im Norddeutschen Tiefland rar ist. Als Gartenpflanze kommt er aber, wie mein Bestand zeigt, durchaus zurecht und selbst Samen laufen offensichtlich auf, denn die Pflanze kommt mittlerweile in verschiedenen Teilen, auch weitab vom ursprünglichen Standort, vor.

 

Essen sollte man den Aronstab übrigens nicht – alle Pflanzenteile sind stark giftig.

 

(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Mai 2020)

 

April 2020

Gefingerter Lerchensporn (Corydalis solida)

 Familie: Mohngewächse (Papaveraceae)

 

Der Gefingerte Lerchensporn ist in Niedersachsen von Natur aus recht selten, wird aber gelegentlich als Zierpflanze in Gärten gepflanzt und verbreitet sich von dort aus in die Umgebung.

 

Gefingerter Lerchensporn in Rot und Weiß. Winsen, 28. März 2017
Gefingerter Lerchensporn in Rot und Weiß. Winsen, 28. März 2017

Der Gefingerte Lerchensporn wächst im Frühling aus einer Knolle im Boden. Die Pflanze wird 10 bis 20 Zentimeter hoch, trägt am Ende des unverzweigten Stängels eine Blütentraube von fünf bis zwanzig Einzelblüten sowie darunter wechselständig zwei bis drei dunkel- bis blaugrüne Blätter. Jedes Blatt ist aus drei Teilblättchen zusammengesetzt und jedes Teilblättchen ist wiederum dreiteilig. Die Blüten entspringen aus den Achseln von Tragblättern, die vorne fingerförmig eingeschnitten sind (Name!). Die Blüten-Tragblätter des ähnlichen Hohlen Lerchensporns dagegen sind eiförmig und ganzrandig. Die Blüten sind etwa 2 Zentimeter lang, zweiseitig symmetrisch und mit einem langen Sporn ausgestattet. Die Farbe der Blüten ist meist ein trübes Rot. Es kommen aber auch lila, bläuliche und weiße Blüten vor. Der Lerchensporn blüht je nach Verlauf der Witterung von Mitte März bis in den Mai.

 

Gefingerter Lerchensporn in Blau-Lila. Die gefingerten Tragblätter der Blüten sind deutlich zu erkennen. Winsen, 31. März 2019
Gefingerter Lerchensporn in Blau-Lila. Die gefingerten Tragblätter der Blüten sind deutlich zu erkennen. Winsen, 31. März 2019

Der Gefingerte Lerchensporn ist nicht besonders anspruchsvoll und einmal eingebracht, kommt er unter Bäumen und Gebüsch, gern auf etwas feuchten, kalkarmen, aber humosen und nährstoffreichen Böden, Jahr für Jahr wieder, meist nicht einzeln, sondern in kleinen Beständen.

 

Die Befruchtung erfolgt durch langrüsselige Insekten, die in der Lage sind, den Nektar am Ende des langen Sporns zu erreichen. Kurzrüsselige Hummeln beißen kurzerhand ein Loch in den Sporn und kommen so ohne Befruchtungsleistung an den Nektar.

 

Von besonderer Bedeutung ist der Gefingerte Lerchensporn als Nektarlieferant für den Zitronenfalter und als Nahrungspflanze für die Raupen des in Deutschland vom Aussterben bedrohten Schwarzen Apollofalters.

 

Hohler Lerchensporn, weiß, mit von Hummeln aufgebissenen Blütenspornen. Winsen, 2. April 2019
Hohler Lerchensporn, weiß, mit von Hummeln aufgebissenen Blütenspornen. Winsen, 2. April 2019

Die bald nach Ende der Blütezeit reifenden Samen werden von Ameisen, die es auf ein Anhängsel des Samens als Nahrung abgesehen haben, verschleppt und verbreitet. Auf geeignetem Boden keimen die Samen bald. Es dauert aber mehrere Jahre, bis die Pflanze zum Blühen kommt.

 

(Text und Bilder: Dietrich Westphal, April 2020)

 

März 2020

Efeu-Ehrenpreis (Veronica hederifolia)

 Familie: Wegerichgewächse (Plantaginaceae)

Systematik ist eine lebendige Wissenschaft. Eben noch gehörten die Ehrenpreise (Gattung Veronica) zu den Braunwurzgewächsen und schon werden sie aufgrund neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse als Wegerichgewächse gelistet. Zum Glück verändern sich die Pflanzen selbst dadurch nicht…

 

Efeu-Ehrenpreis, Spitze eines Stängels mit teilweise geöffneter Blüte. Winsen, 25. März 2019
Efeu-Ehrenpreis, Spitze eines Stängels mit teilweise geöffneter Blüte. Winsen, 25. März 2019

Der Efeu-Ehrenpreis ist eine unauffällige Pflanze, die bis zu 30 Zentimeter lange, am Grunde verzweigte und meist am Boden liegende Stängel hervorbringt. Die nur um 2 Zentimeter großen Blätter sind breit eiförmig und deutlich drei- bis fünflappig. Damit ähneln sie entfernt den Blättern des Efeus (Name!). Besonders im oberen Teil der Stängel sind die Blätter an ihren Rändern auffällig behaart. Am unteren Teil der Stängel stehen die Blätter gegenständig und oben wechselständig. 10 Blüten oder mehr wachsen einzeln in den Achseln der mittleren und oberen Blätter eines jeden Stängels. Sie sind, ausgebreitet gemessen, nur etwa einen halben Zentimeter groß, hell-lila gefärbt, dunkler geädert und am Grunde weißlich. Die Blütezeit fällt in die Monate März bis Mai.

 

Efeu-Ehrenpreis. Die Ansicht der Blätter von unten lässt ihre efeu-ähnliche Form erkennen. Winsen, 25. März 2019
Efeu-Ehrenpreis. Die Ansicht der Blätter von unten lässt ihre efeu-ähnliche Form erkennen. Winsen, 25. März 2019

Der Efeu-Ehrenpreis ist allgemein verbreitet und meist auch häufig. Man findet ihn auf Äckern, in Hecken und Ödland, aber auch im Rasen, wo er wegen seiner meist niederliegenden Wuchsform vom Mähgerät nicht erfasst wird.

 

Efeu-Ehrenpreis, Triebspitze mit nicht vollständig geöffneter Blüte. Winsen, 25. März 2019
Efeu-Ehrenpreis, Triebspitze mit nicht vollständig geöffneter Blüte. Winsen, 25. März 2019

Der Efeu-Ehrenpreis ist ein einjähriges Kraut, dessen Früchte im Zeitraum April bis Juni reifen. Die Samen keimen entweder im Herbst oder nach Überwinterung im Frühling. Samen und Sämlinge sind vollständig frosthart.

 

(Text und Bilder: Dietrich Westphal, März 2020)

 

 

 


Februar 2020

Gemeines Kissenmoos (Grimmia pulvinata)

 Gruppe: Laubmoose, Familie: Grimms Moose (Grimmiaceae)

 

   Während man sich darüber streiten kann, ob die Pflanze des Monats vom Januar, die Zarte Schwielenflechte, überhaupt zu den Pflanzen zählt, gibt es da bei der des Februar kein Vertun. Zwar wächst das Gemeine Kissenmoos, ebenso wie viele Flechten, auf festem Untergrund, aber es ist in Stängel, Blätter und Fortpflanzungsorgane differenziert und es enthält in seinen Zellen das Blattgrün, das es zur eigenständigen Photosynthese benötigt.

 

Polster des Gemeinen Kissenmooses am Fuß einer Eiche (mitte). Winsen, 4.2.2020
Polster des Gemeinen Kissenmooses am Fuß einer Eiche (mitte). Winsen, 4.2.2020

Das Gemeine Kissenmoos bildet kleine, meist nur wenige Zentimeter durchmessende, kompakte Polster, die blaugrün bis schwärzlich-grün gefärbt sind und grau schimmern. Die dicht gedrängt aufrecht stehenden Stängel sind gabelig verzweigt und ein bis zwei Zentimeter hoch. Sie sind spiralförmig mit etwa drei Millimeter langen Blättern besetzt, die an ihren Spitzen jeweils ein farbloses Haar tragen, die drei Viertel der Länge der Blätter erreichen können. Diese „Glashaare“ sind die Ursache des grauen Schimmers der Polster. Fast immer sind auf diesem Moos Sporenträger zu finden. Sie bestehen aus im unreifen Zustand gekrümmten Stielen und grünen kugeligen Kapseln. Bei der Reife richten sich die Stiele auf und ragen dann über das Moospolster hinaus.

 

Abgelöstes Polster des Gemeinen Kissenmooses mit unreifen Sporenträgern. Winsen, 4.2.2020
Abgelöstes Polster des Gemeinen Kissenmooses mit unreifen Sporenträgern. Winsen, 4.2.2020
Sporenträger des Gemeinen Kissenmooses mit geschnäbelter Kappe. Winsen, 4.2.2020
Sporenträger des Gemeinen Kissenmooses mit geschnäbelter Kappe. Winsen, 4.2.2020

Das Gemeine Kissenmoos gedeiht an natürlichem Fels, an Mauern und auch an Beton. Man findet es meist an besonnten, aber periodisch feuchten Stellen. Es erträgt Austrocknen bis hin zur fast völligen Wasserlosigkeit. Gelegentlich wächst es auch auf Rinde am Fuß von Bäumen. Das Gemeine Kissenmoos ist weit verbreitet und bei uns häufig. Nur in Gegenden mit starker Luftverschmutzung ist es seltener oder fehlt ganz.

 

Die erwähnten „Glashaare“ dienen unter anderem als Kondensationspunkte für Tauwasser, das für die Moospolster lebenswichtig ist. Außerdem zerstreuen sie das einfallende Licht. Das empfindliche Blattgrün wird dadurch vor zu starker Sonnenstrahlung geschützt.

 

 

 

(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Februar 2020)

 

Januar 2020

Zarte Schwielenflechte (Physcia tenella)

 Gruppe: Blattflechten, Familie: Physciaceae

 

Wenn im Winter Blütenpflanzen rar sind, fällt der Blick schon eher einmal auf Lebewesen, wie die Flechten, die auch im Winter ihr –meist unendlich langsames- Wachstum nicht einstellen. Flechten bestehen bekanntermaßen aus einem Pilz-Partner und einem Pflanzen-Partner, meist einer Grünalgen-Art, die untrennbar in Symbiose miteinander verbunden sind. Viele Flechten sind einerseits imstande, extremste Lebensräume hinsichtlich Feuchtigkeit und Temperatur zu besiedeln, andererseits reagieren manche Arten empfindlich auf Luftschadstoffe, wie z.B. Schwefeldioxid, und haben deshalb in belasteten Gebieten erheblich an Vielfalt eingebüßt.

 

Zarte Schwielenflechte an Eichenrinde, zusammen mit Moosen und einer weiteren Flechtenart (Bildmitte, oben). Winsen, 4. Januar 2020
Zarte Schwielenflechte an Eichenrinde, zusammen mit Moosen und einer weiteren Flechtenart (Bildmitte, oben). Winsen, 4. Januar 2020

Die Zarte Schwielenflechte wächst auf der Rinde von Bäumen. Dort bildet sie wenige Zentimeter große, oft rosettenförmige Lager, die ggf. zu größeren Flächen zusammenwachsen. Die einzelnen Läppchen dieser kleinen Flechte sind weißgrau, vielfach mit grünlichem Schimmer, und 0,5 bis 1 Millimeter breit. Schaut man sich die Flechte mit der Lupe an, fallen neben bis 2 Millimeter langen Wimpern an den Rändern der Läppchen besonders winzige rundliche Gebilde auf, die in großer Zahl an lippenartig aufgebogenen Enden mancher Läppchen zu finden sind. Es handelt sich hier um „Soredien“, die der Fortpflanzung dienen, indem sie sich von der Mutterpflanze ablösen und eine neue Flechte bilden können.

 

Zarte Schwielenflechte ca. 1,5 cm breit, mit "Wimpern" an den Rändern sowie Ansammlungen von Soredien (Sorale). Winsen, 3. Januar 2020
Zarte Schwielenflechte ca. 1,5 cm breit, mit "Wimpern" an den Rändern sowie Ansammlungen von Soredien (Sorale). Winsen, 3. Januar 2020

Die Zarte Schwielenflechte zählt nicht zu den in Hinblick auf Luftschadstoffe empfindlichen Arten und so fand ich sie auf Anhieb auf der rissigen Borke der großen Eichen im Winsener Schlosspark. Sie ist weit verbreitet und wegen ihrer Robustheit selbst in Großstädten häufig zu finden.

 

(Text und Bilder: Dietrich Westphal, Januar 2020)